ein kompendium über die bedeutung der limonade in der alltagskultur

trinkt mehr limo!
limonade, das ist jenes klebrige, meist gelborange, süße, blubbernde, plastikflaschen entrinnende flüssigkeit, die jenen hauch der erinnerung an längst vergangene kindheitstage offenbart, wie es kola nie schaffen wird. denn kola war gift und limo war griffig. in der geriffelten flasche, in der glatgünen flasche. auf jedem fest, samstags und sonntags hin und wieder mit einem schuss eierlikör. das gab eine menge schaum und braungelb verdreckte gläser, aber der geschmack, der geschmack, den dieser mix durch einen strohhalm, einem echten strohhalm dem gaumen gab, war mehr als fernweh, als sehnsucht, als unsterblichkeit. es war die limo meines lebens. die limo meiner kindheit. limo ging immer, kola war tabu.
und heute steht die limo geschmäht und geächtet in der ecke. kein retrowind, der sanft umfächelt, keine hipmarke, die an konsumgeile kids in verschwitzten tanktops verscherbelt wird, kein held, der in der stunde des allerhöchsten pathos zur limoflasche greift. wir schämen uns der limo, gehen im supermarkt unachtsam an den sich stappelnder kästen vorbei, suchen nach anderen drinks und kicks, wollen unsere kindheit vergessen, die eigene kindheit einer essotankstelle gleich rechts am straßenrand liegen lassen. wir wollen vorwärts kommen im leben. dabei hindert limo, sie steht im weg. die limoflasche ist das stoppschild einer schneller werdenden gesellschaft.
dabei ist limo erinnerung und wir alle wissen, dass keine gesellschaft, keine gemeinschaft und kein gemeinwesen ohne die erinnerung auskommt, erinnerung an erfolge, an niederlagen, an den sonnenaufgang und den tagesabschluss, an die unendlichkeit einer nacht unter der bettdecke, während im vorhof des daseins blitze eines schauerlichen gewitters zuckten. limo ist die kindheit ohne die es kein erwachsenwerden und erwachsensein geben kann und geben wird.
limo gibt es inzwischen als blueberry, als chemiegeiler geschmackskiller und blauezungenfärber, verfälscht, abgeflascht in pet, steril. dabei hatte die limo als einzige das zeug zum wahren helden, die an der nächsten flussbiegung brigittediätgeplagte frauen abknallen, avondamen zur tupperparty einladen und im sonnenuntergang von einer besseren, einer klebrigen, einer süßen, einer gelborangen welt träumen, einer welt der wahren werte: denn limo gibt es nicht als limo light.
während der autor die nächste limoflasche öffnet, bleibt zeit für einen limohaften song: benjamin biolays rose kennedy.
theobalds_schrift - 8. September, 18:26
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